שַׁמַּאי אוֹמֵר, כָּל הַנָּשִׁים דַּיָּן שְׁעָתָן. וְהִלֵּל אוֹמֵר, מִפְּקִידָה לִפְקִידָה, אֲפִלּוּ לְיָמִים הַרְבֵּה. וַחֲכָמִים אוֹמְרִים, לֹא כְדִבְרֵי זֶה וְלֹא כְדִבְרֵי זֶה, אֶלָּא מֵעֵת לְעֵת מְמַעֶטֶת עַל יַד מִפְּקִידָה לִפְקִידָה, וּמִפְּקִידָה לִפְקִידָה מְמַעֶטֶת עַל יַד מֵעֵת לְעֵת. כָּל אִשָּׁה שֶׁיֶּשׁ לָהּ וֶסֶת, דַּיָּהּ שְׁעָתָהּ. הַמְשַׁמֶּשֶׁת בְּעִדִּים, הֲרֵי זוֹ כִפְקִידָה, מְמַעֶטֶת עַל יַד מֵעֵת לְעֵת וְעַל יַד מִפְּקִידָה לִפְקִידָה: Schammai sagt: Bei allen Frauen1 Welche menstruieren und demgemäß den Reinheits-Vorschriften in Lev. 15, 19 ff. unterworfen sind. genügt es,1a די Genüge, דין ihr Genüge, d. h. es genügt ihnen. (dass sie) zu ihrer Zeit2 Da sie das Blut wahrnehmen. (für unrein gelten),3 Nur das, was sie von dieser Zeit an berühren, gilt als unrein, nicht aber das, was sie vor der Wahrnehmung berührt haben. Die Unreinheit tritt zwar schon mit dem Zeitpunkte ein, da das Blut aus dem Muttermunde herausgekommen, obwohl es sich noch im Innern (der Scheide, בית החיצון) befindet (Nidda V, 1) und nicht wahrgenommen wird; dennoch aber haben die Weisen (so meint Schammai) nicht die von ihr vor der Wahrnehmung berührten Gegenstände für unrein erklärt; denn wenn so jede Frau schon vor der Menstruation für unrein gälte, so würde jeder Gatte wegen Gewissensskrupel (er könnte das schwere Verbot von Lev. 18, 19 übertreten) sich von seiner Frau stets fernhalten und das Gebot von Gen. 1, 28 nicht beobachten. Hillel sagt: (Sie gelten für unrein) rückwärts die Zeit vom (letzten) Untersuchen4 Bei dem sie die Unreinheit wahrgenommen hat. bis zum (vorletzten) Untersuchen5 Bei dem sie sich noch rein gefunden hatte. Hillel meint, es sei zu befürchten, dass sofort nach der vorletzten Untersuchung Blut aus dem Muttermunde gekommen sei, das längere Zeit von den Seiten des Gebärmutterhalses (כותלי בית הרחם) zurückgehalten und nicht wahrgenommen wurde. Diese Unreinheits-Erklärung gilt aber nach Hillel nur Betreffs der von der Frau berührten reinen Gegenstände (לטהרות), nicht aber für den Gatten (לבעלה), der also nicht jene in Note 3 erwähnten Gewissensskrupel hegen würde., wenn auch viele Tage dazwischen waren.6 Zwischen der vorletzten und letzten Untersuchung. Die Weisen aber sagen: Nicht wie die Worte Dieses und nicht wie die Worte Jenes;7 Ist zu entscheiden. Schammai erleichtert zu sehr; nach Hillel wieder müsste man mitunter (wenn seit der vorletzten Untersuchung viele Tage verflossen) allzu sehr erschweren. sondern sie gilt für unrein rückwärts eine Zeit von vierundzwanzig Stunden,8 מעת לעת von Zeit zu Zeit, d. h. von der Zeit der heutigen Wahrnehmung rückwärts bis gestern um dieselbe Tageszeit, also 24 Stunden. wenn diese weniger ist als die Zeit vom letzten bis zum vorletzten Untersuchen;9 Wenn die vorletzte Untersuchung vor mehr als 24 Stunden stattgefunden hat. Wörtlich übersetzt lautet der Satz: „Die Zeit von 24 Stunden vermindert (die Geltungs-Dauer der Unreinheit) an der Seite (על יד) der Zeit vom Untersuchen bis zum Untersuchen.“ sie gilt dagegen für unrein die Zeit vom letzten bis zum vorletzten Untersuchen, wenn diese kürzer ist als vierundzwanzig Stunden.10 Wenn die vorletzte Untersuchung vor weniger als 24 Stunden stattgefunden hat. Die Frau gilt also für unrein höchstens 24 Stunden vor der Wahrnehmung der Menstruation; die Zeit der Unreinheit kann aber geringer sein, wenn sie sich innerhalb der letzten 24 Stunden bei einer Untersuchung rein gefunden, in welchem Falle sie nur rückwärts bis zu dieser Zeit für unrein gilt. Bei jeder Frau, welche eine regelmäßige Periode11 וסת (vom gr. ἦϑος) Gewohnheit, Art und Weise, die Periode (bibl. אורח). — Hier ist eine regelmäßige nach einer bestimmten Zeit (etwa alle 30 Tage) wiederkehrende Periode (וסת קבוע) gemeint. Der וסת wird ein regelmäßiger (קבוע) genannt, wenn er bereits dreimal hintereinander in ein und derselben bestimmten Zeit eingetroffen ist. hat, genügt es,1a די Genüge, דין ihr Genüge, d. h. es genügt ihnen. (dass sie) zu ihrer Zeit (für unrein gilt).12 Wenn sie zur bestimmten Zeit der Periode sich unrein findet, so gilt sie nur von dieser Zeit ab für unrein, da in solchem Falle anzunehmen ist, die Periode sei erst zur bestimmten Zeit eingetroffen (אורח בזמנו בא). Bei Einer, weiche unter Anwendung von Tüchern13 עדים in der Mischna entspricht dem Ausdr. בגדי עדים im bibl. Hebr. (vgl. Jes. 64, 5); die Mischna hat davon die Einz. עד (= בגד עדים) gebildet, mit der Bedeut. „Untersuchungstüchlein“, das die Frau dazu gebraucht, zu untersuchen, ob sie rein oder unrein ist. den ehelichen Umgang gepflegt hat,14 Was in den Zeiten, da man noch bei den Speisen auch die Reinheitsvorschriften genau beobachtete, jeder Frau zur Pflicht gemacht wurde (s. Nidda I, 7). gilt dies15 Nach dem Talmud (Nidda 4a) waren zwei Untersuchungen nötig, vor und nach dem ehelichen Umgang: hier ist von letzterer Untersuchung die Rede. wie eine Untersuchung,16 Wie jede andere Untersuchung. Wenn sie sich zu dieser Zeit rein gefunden, kann sie bei später wahrgenommener Unreinheit höchstens nur bis zu dieser Zeit rückwärts für unrein erklärt werden, wenn seitdem auch weniger als 24 Stunden verflossen sind. Dass diese Untersuchung wie jede andere gilt, muss nach dem Talm. (das.) deshalb gelehrt werden, weil man sonst gemeint hätte, es könnte das Blut vom semen virile bedeckt gewesen und deshalb nicht wahrgenommen worden sein. so dass es die Zeit von vierundzwanzig Stunden sowohl, als die von der letzten bis zur vorletzten Untersuchung vermindert.17 Diese ganze Mischna befindet sich auch in Nidda I, 1.
שַׁמַּאי אוֹמֵר, מִקַּב לְחַלָּה. וְהִלֵּל אוֹמֵר, מִקַּבָּיִם. וַחֲכָמִים אוֹמְרִים, לֹא כְדִבְרֵי זֶה וְלֹא כְדִבְרֵי זֶה, אֶלָּא קַב וּמֶחֱצָה חַיָּבִים בְּחַלָּה. וּמִשֶּׁהִגְדִּילוּ הַמִּדּוֹת אָמְרוּ, חֲמֵשֶׁת רְבָעִים חַיָּבִין. רַבִּי יוֹסֵי אוֹמֵר, חֲמִשָּׁה, פְּטוּרִין. חֲמִשָּׁה וָעוֹד, חַיָּבִין: Schammai sagt: (Ein Teig) aus einem Kab (Mehl) unterliegt der Challa17a חלה, Teighebe, Num. 15, 20. -Pflicht.18 Da ein Kab = 4 Log, à 6 Eigrößen (ביצים), also 24 Eigrößen beträgt, so würde die Challa davon (die ¹⁄₂₄ vom Teige sein soll, vgl. Challa II, 7) gerade eine Eigröße haben, was als „eine Gabe“ bezeichnet werden kann (ר״ת, רשב״א). Hillel sagt: (Erst einer) aus zwei Kab.18a Nach Hillel ist die Quantität des Teiges so bestimmt worden, dass auch die Challa des Bäckers (die nur ¹⁄₄₈ des Teiges beträgt) gleich einer Eigröße sein soll. Die Weisen aber sagen: Nicht wie die Worte Dieses und nicht wie die Worte Jenes, sondern anderthalb Kab unterliegen der Challa-Pflicht.19 Denn es heißt (Num. 15, 20): „Die Erstlinge eures Teiges u. s. w.“ Darunter ist ein Teig von einer Omergröße verstanden, wie er für jeden Kopf der Israeliten in der Wüste als täglicher Bedarf bemessen war (Exod. 16, 16). Nun war der Omer = ⅒ Epha. Ein Epha hat 3 Sea à 6 Kab à 4 Log à 6 Eigrößen; daher ist 1 Omer = ¹⁸⁄₁₀ Kab = 43⅕ Eigrößen (ungefähr 3, 6 Liter) nach dem Maaße der Kinder Israel in der Wüste (Tosephta). Später aber sind in Jerusalem die Maaße um ⅙ vergrößert worden derart, dass 6 Kab der Wüste nur 5 jerusalemische Kab betrugen. Ein Omer ist also nach jerusalemischem Maaße = ¹⁸⁄₁₀.⅚ Kab = 1½ Kab. Als die Maaße größer geworden,19a Dies geschah nach der Tosephta und einer Baraita im Talmud (Erubin 83b) zu Sepphoris, wobei aus 6 jerusalemischen 5 sepphorische Kab wurden. Vielleicht war dies von den in B. batra VI, 7 erwähnten דיני צפורי angeordnet worden. sagte man: Fünf Viertel20 ⅒ Kab = 5 Log. unterliegen dieser Pflicht.20a Da ⁵⁄₄ Kab nach dem vergrößerten Maaße von Sepphoris = 1½ jerusalemische Kab sind. R. Jose sagt: Bei fünf ist man frei, erst bei fünf und noch (etwas dazu)21 So viel als die Challa beträgt, damit nach Absonderung der Challa noch ein Omer übrig bleibe (Erubin 83 b Tos. v. שבעה). ist man verpflichtet.
הִלֵּל אוֹמֵר, מְלֹא הִין מַיִם שְׁאוּבִין פּוֹסְלִין אֶת הַמִּקְוֶה, אֶלָּא שֶׁאָדָם חַיָּב לוֹמַר בִּלְשׁוֹן רַבּוֹ. וְשַׁמַּאי אוֹמֵר, תִּשְׁעָה קַבִּין. וַחֲכָמִים אוֹמְרִים, לֹא כְדִבְרֵי זֶה וְלֹא כְדִבְרֵי זֶה, אֶלָּא עַד שֶׁבָּאוּ שְׁנֵי גַרְדִּיִּים מִשַּׁעַר הָאַשְׁפּוֹת שֶׁבִּירוּשָׁלַיִם וְהֵעִידוּ מִשּׁוּם שְׁמַעְיָה וְאַבְטַלְיוֹן, שְׁלֹשֶׁת לֻגִּין מַיִם שְׁאוּבִין פּוֹסְלִין אֶת הַמִּקְוֶה, וְקִיְּמוּ חֲכָמִים אֶת דִּבְרֵיהֶם: Hillel sagt: Ein Hin22 1 Hin = 3 Kab = 12 Log. -Maaß23 מלא הין ist auch im aram. Targum zu Exod. 30, 24 gebraucht. geschöpften Wassers24 Das in eine Wassersammlung, die weniger als 40 Sea beträgt, gefallen ist. macht eine Wassersammlung (zum Tauchbade) ungeeignet25 Weil das Hin das größte in der Tora erwähnte Maaß für Flüssigkeiten ist, deshalb haben die Weisen bei ihrer Verordnung, dass geschöpftes Wasser eine Wassersammlung zum Tauchbade unbrauchbar mache, das Hin-Maaß festgesetzt. Nur26 אלא bis רבו ist eine Glosse des Mischnaredaktors (רבי), um sich zu rechtfertigen, dass er bei Hillel den Ausdruck מלא הין und nicht vielmehr שלשה קבין gebraucht hat, wie bei שמאי nach קבין bestimmt wird. In einigen Codd. fehlt אלא. (deshalb wird dieser Ausdruck gebraucht), weil man verpflichtet ist, (die Tradition) mit dem Ausdruck seines Lehrers mitzuteilen.27 Und Hillel hat (vielleicht nach dem Targ.) מלא הין gesagt. (So erklärt R. Elia Wilna im אליה רבא zu Negaïm I, 2.). Schammai sagt: Neun Kab.28 Dasselbe Maaß, welches ein durch nächtlichen Zufall Verunreinigter (בעל קרי) zu seiner Reinigung bedarf (nach Berachot 22 ab). Die Weisen aber sagten weder wie die Worte Dieses noch wie die Worte Jenes,29 Sie entschieden für keinen von beiden, da deren Aussprüche einander widersprachen. bis zwei Weber vom Misttore zu Jerusalem30 Nach der Tosephta war dies ihr Wohnort. Doch finden wir später R. Jochanan b. Sakkai und R. Simon b. Gamliel auch am שער האשפות, wo sie ihre Sendschreiben anfertigen lassen (vgl. m. Likkute Mechilta zu Deut. S. 30). kamen und im Namen Schemaja’s und Abtaljon’s bezeugten, dass drei Log31 Ein viertel Hin, das Maaß des kleinsten Trankopfers, Num. 15, 5. geschöpften Wassers die Wassersammlung ungeeignet machen,32 Wenn jedoch ein Tauchbad das gesetzliche Maaß von 40 Sea hat, kann es selbst durch eine große Menge geschöpften Wassers nicht mehr unbrauchbar werden. da bestätigen die Weisen33 Alle Weisen, auch Hillel und Schammai, wie dies aus folgender Mischna hervorgeht. Nach der Tosephta haben die Hillel und Schammai opponierenden Weisen sofort ihre Ansicht dahin ausgesprochen, dass 3 Log das Mikwah unbrauchbar machen, und diese Ansicht wurde dann allgemein bestätigt, nachdem sie von den beiden Webern als die Schemaja’s und Abtaljons bezeugt wurde. deren Aussage.
וְלָמָּה מַזְכִּירִין אֶת דִּבְרֵי שַׁמַּאי וְהִלֵּל לְבַטָּלָה, לְלַמֵּד לַדּוֹרוֹת הַבָּאִים שֶׁלֹּא יְהֵא אָדָם עוֹמֵד עַל דְּבָרָיו, שֶׁהֲרֵי אֲבוֹת הָעוֹלָם לֹא עָמְדוּ עַל דִּבְרֵיהֶם: Warum erwähnt man die Worte Schammai’s und Hillel’s, um sie aufzuheben?34 לבטלן so lesen die besten Codd. Die gewöhnlichen Ausgg. haben לבטלה (unnützer Weise). Gemeint ist: da Schammai und Hillel selbst ihre Worte aufgehoben hatten, so hätten dieselben gar nicht erwähnt werden sollen. Um die kommenden Geschlechter zu belehren, dass Niemand auf seiner Meinung beharren solle,35 Die Tos. fügt hinzu: במקום שמועה „wenn eine Überlieferung dagegen spricht“. da doch die größten Lehrer36 Eig. „die Väter der Welt“. Die vorzüglichsten Lehrer werden oft אבות העולם genannt. So hier Hillel und Schammai; Jerusch. Sekalim III, 47b (R. Ismaël und R. Akiba); Jerusch. Chagiga II,77d (alle „Paare“ in Abot I). In Tos. Tebul Jom I, 10 heissen die alten Lehrer אבות הראשונים. nicht auf ihrer Meinung beharrten.36 Eig. „die Väter der Welt“. Die vorzüglichsten Lehrer werden oft אבות העולם genannt. So hier Hillel und Schammai; Jerusch. Sekalim III, 47b (R. Ismaël und R. Akiba); Jerusch. Chagiga II,77d (alle „Paare“ in Abot I). In Tos. Tebul Jom I, 10 heißen die alten Lehrer אבות הראשונים.
וְלָמָּה מַזְכִּירִין דִּבְרֵי הַיָּחִיד בֵּין הַמְרֻבִּין, הוֹאִיל וְאֵין הֲלָכָה אֶלָּא כְדִבְרֵי הַמְרֻבִּין. שֶׁאִם יִרְאֶה בֵית דִּין אֶת דִּבְרֵי הַיָּחִיד וְיִסְמֹךְ עָלָיו, שֶׁאֵין בֵּית דִּין יָכוֹל לְבַטֵּל דִּבְרֵי בֵית דִּין חֲבֵרוֹ עַד שֶׁיִּהְיֶה גָדוֹל מִמֶּנּוּ בְחָכְמָה וּבְמִנְיָן. הָיָה גָדוֹל מִמֶּנּוּ בְחָכְמָה אֲבָל לֹא בְמִנְיָן, בְּמִנְיָן אֲבָל לֹא בְחָכְמָה, אֵינוֹ יָכוֹל לְבַטֵּל דְּבָרָיו, עַד שֶׁיִּהְיֶה גָדוֹל מִמֶּנּוּ בְחָכְמָה וּבְמִנְיָן: Und warum erwähnt man die Ansicht eines Einzelnen gegen die der Mehrheit, da doch die Halacha nur nach den Worten der Mehrheit entschieden wird? Damit, wenn einem Gerichte die Ansicht des Einzelnen einleuchtet,37 ראה sehen, sich etwas ausersehen, einleuchtend finden ,vgl. B. batra IX, 1 Ende. es sich darauf stützen könne,38 Selbst nach der LA. ויסמוך kann dies Wort dennoch als Beginn des Nachsatzes genommen werden, da der Nachsatz oft mit ו׳ beginnt, vgl. z. B. Gen. 28, 22; Ps. 78, 34. da ein Gericht nicht die Worte eines andern Gerichtes39 Der früheren Zeit. aufheben kann,40 Wenn nicht bereits beim früheren Gerichtshofe wenigstens eine Einzelansicht mit dem jetzigen Beschlusse übereinstimmte, auf die sich das jetzige Gericht stützen könnte. es sei denn, dass es jenes41 Das frühere Gericht. an Weisheit42 Der Vorsitzende dieses Gerichtes übertrifft den des anderen an Weisheit. und Anzahl43 Die Anzahl der Weisen, welche dem Beschlusse dieses Gerichtes beistimmen, übertrifft die Anzahl derer, die dem anderen Gerichte beipflichteten. Nach ראב״ד ist מנין „die Anzahl der Lebensjahre“, das Alter (wohl des Vorsitzenden). übertrifft. Übertrifft es jenes an Weisheit, aber nicht an Zahl, oder an Zahl und nicht an Weisheit, so kann es dessen Worte nicht aufheben, sondern nur, wenn es dasselbe an Weisheit und Anzahl übertrifft.
אָמַר רַבִּי יְהוּדָה, אִם כֵּן לָמָּה מַזְכִּירִין דִּבְרֵי הַיָּחִיד בֵּין הַמְרֻבִּין לְבַטָּלָה. שֶׁאִם יֹאמַר הָאָדָם כָּךְ אֲנִי מְקֻבָּל, יֵאָמֵר לוֹ, כְּדִבְרֵי אִישׁ פְּלוֹנִי שָׁמָעְתָּ: Es sagt R. Jehuda:44 Nach ראב״ד kontroversiert R. Jehuda gegen die vorhergehende Mischna und meint, die Einzelansicht wurde nicht deshalb aufbewahrt, damit Spätere sie wieder zur Geltung bringen könnten, sondern im GegenTeil damit, wenn sie Jemand einmal als eine Überlieferung geltend machen wollte, man ihn darauf hinweisen könnte, dass dies eine bereits längst durch einen Mehrheits-Beschluss annullierte Einzelansicht sei. Indessen sprechen die Worte אם כן, mit denen R. Jehuda beginnt, für die Erklärung des Maimonides, wonach R. Jehuda die vorhergehende Mischna ergänzen und noch für die Fälle einen Grund angeben will, wo die Ansicht eines Einzelnen nur erwähnt wird, um sie für immer aufzuheben (לבטלן), wobei die Annahme, dass die Einzelansicht später einmal zur Geltung kommen könne, völlig ausgeschlossen ist. Über derartige Fälle vgl. Tos. Jom Tob. Wenn dem so ist, warum erwähnt man die Ansicht eines Einzelnen gegen die der Mehrheit, um jene aufzuheben?44 Nach ראב״ד kontroversiert R. Jehuda gegen die vorhergehende Mischna und meint, die Einzelansicht wurde nicht deshalb aufbewahrt, damit Spätere sie wieder zur Geltung bringen könnten, sondern im GegenTeil damit, wenn sie Jemand einmal als eine Überlieferung geltend machen wollte, man ihn darauf hinweisen könnte, dass dies eine bereits längst durch einen Mehrheits-Beschluss annullierte Einzelansicht sei. Indessen sprechen die Worte אם כן, mit denen R. Jehuda beginnt, für die Erklärung des Maimonides, wonach R. Jehuda die vorhergehende Mischna ergänzen und noch für die Fälle einen Grund angeben will, wo die Ansicht eines Einzelnen nur erwähnt wird, um sie für immer aufzuheben (לבטלן), wobei die Annahme, dass die Einzelansicht später einmal zur Geltung kommen könne, völlig ausgeschlossen ist. Über derartige Fälle vgl. Tos. Jom Tob. Damit wenn Jemand sagt: „So45 Wie der Einzelne entschieden hat. ist mir überliefert worden !“46 Und er wird diese Ansicht zur Geltung bringen wollen. man ihm sagen könne: „Du hast (deine Überlieferung) wie die Ansicht jenes (Einzelnen) vernommen.“47 Die aber durch den Majoritätsbeschluss aufgehoben wurde.
בֵּית שַׁמַּאי אוֹמְרִים, רֹבַע עֲצָמוֹת מִן הָעֲצָמִים, בֵּין מִשְּׁנַיִם בֵּין מִשְּׁלֹשָׁה. וּבֵית הִלֵּל אוֹמְרִים, רֹבַע עֲצָמוֹת מִן הַגְּוִיָּה, מֵרֹב הַבִּנְיָן אוֹ מֵרֹב הַמִּנְיָן. שַׁמַּאי אוֹמֵר, אֲפִלּוּ מֵעֶצֶם אֶחָד: Beth-Schammai48 Die Schüler Schammai’s. sagen: Ein viertel Kab Gebein49 Vgl. Oholot II, 1. von (beliebigen) Gebeinen,50 Selbst wenn sie nicht den größten Teil des Körperbaues oder den größten Teil der Gliederzahl ausmachen. selbst von zweien (Toten) oder von dreien, (verunreinigt im Zelte51 Alles was sich mit unter ein und derselben Bedachung befindet. Weniger als ¼ Kab kann nur den verunreinigen, der es berührt oder trägt.. Bet-Hillel aber sagen: Ein viertel Kab Gebein vom Körper52 Es muss von Einem Körper sein. vom größten Teil des Baues,53 Von den Gebeinen, die den größten Teil des Körperbaues bilden. Nach Bechorot 45 sind dies z. B. zwei Schenkel und eine Hüfte. Selbst je ein Teil von jedem dieser Gebeine, die ¼ Kab messen, oder diese Gebeine im Ganzen, wenn sie auch kein viertel Kab betragen, verunreinigen im Zelte. oder vom größten Teil der Zahl.54 Die Anzahl der Glieder im Menschen beträgt (nach Oholot I, 8) 248; der größte Teil der Gliederzahl sind demnach 125 Glieder. Selbst wenn man von jedem der 125 Glieder einen Teil abgeschnitten und damit ¼ Kab voll gemacht hat, so verunreinigt dies im Zelte. Dagegen verunreinigen 125 ganze Glieder selbst, wenn sie nicht ¼ Kab betragen. (Tosaphot Nasir 52b v. ת״ש). Schammai sagt: Selbst von Einem Knochen.55 ¼ Kab, von Einem Totenknochen gefüllt, verunreinigt auch im Zelte.
כַּרְשִׁינֵי תְרוּמָה, בֵּית שַׁמַּאי אוֹמְרִים, שׁוֹרִין וְשָׁפִין בְּטָהֳרָה, וּמַאֲכִילִין בְּטֻמְאָה. בֵּית הִלֵּל אוֹמְרִים, שׁוֹרִין בְּטָהֳרָה, וְשָׁפִין וּמַאֲכִילִין בְּטֻמְאָה. שַׁמַּאי אוֹמֵר, יֵאָכְלוּ צָרִיד. רַבִּי עֲקִיבָא אוֹמֵר, כָּל מַעֲשֵׂיהֶם בְּטֻמְאָה: Wicken56 כרשינה (ar. كرسنة) Wicke ist ein Viehfutter (Terumot XI, 9), das im Notfalle auch von Menschen gegessen wird und deshalb teruma-pflichtig ist. von Teruma57 Vgl. dieselbe Mischna in Maaser scheni II, 4. darf man nach Bet-Schammai nur in Reinheit58 D. h. mit gewaschenen Händen. weichen und reiben,59 Den Körper damit reiben. Nach ר״ש reiben oder vielmehr klopfen, um die Schale abzustreifen. aber (auch) in Unreinheit60 Mit ungewaschenen Händen, die hinsichtlich der Teruma für unrein gelten. (dem Viehe) zu essen geben. Bet-Hillel sagen: Man darf sie nur in Reinheit weichen,61 Nur das Weichen, wobei die Wicke durch das Wasser sofort verunreinigungsfähig wird (Lev. 11, 88) muss mit gewaschenen Händen vorgenommen werden. aber (auch in Unreinheit reiben oder (dem Viehe) zu essen geben. Schammai sagt: Sie sollen trocken62 Viell, vom arab. صلد hart, trocken. gegessen werden.63 Damit man nicht erkenne, dass sie bereits fähig sind, unrein zu werden. R. Akiba sagt:64 Nach der Mischna des R. Akiba ist Folgendes die Ansicht der für die Halacha maßgebenden Bet-Hillel (Tosephta M. scheni II, 1). Man darf Alles damit in Unreinheit verrichten.65 Da Wicke als Viehfutter gar nicht terumapflichtig ist, (vgl. Challa IV, 9).
הַפּוֹרֵט סֶלַע מִמְּעוֹת מַעֲשֵׂר שֵׁנִי, בֵּית שַׁמַּאי אוֹמְרִים, בְּכָל הַסֶּלַע מָעוֹת, וּבֵית הִלֵּל אוֹמְרִים, בְּשֶׁקֶל כֶּסֶף וּבְשֶׁקֶל מָעוֹת. רַבִּי מֵאִיר אוֹמֵר, אֵין מְחַלְּלִין כֶּסֶף וּפֵרוֹת עַל הַכֶּסֶף. וַחֲכָמִים מַתִּירִין: Wenn66 Diese und die folgende Mischna findet man auch in Maaser scheni II, 8—9. Jemand vom Gelde des zweiten Zehnts einen Sela‘ wechseln will,67 Man pflegte den zweiten Zehnt gleich nach der Absonderung auszulösen. Bei den einzelnen kleinen Quantitäten war das Lösegeld oft nur kleines Geld. Nachdem man aber nach und nach eine größere Summe des heiligen Geldes angesammelt hatte, wurde dies zur Erleichterung der Last in Silber-Sela‘ umgewechselt und nach Jerusalem hinaufgeführt. so sagen Bet-Schammai: Er muss für den ganzen Sela‘ Kupfergeld geben.68 Er darf nicht für den Sela‘ (der 4 Denare beträgt) etwa einen Silber-Denar und nur 3 Denar Kupfergeld geben; denn außerhalb Jerusalems ist behufs Erleichterung der Last nur gestattet, Kupfergeld in Silber umzuwechseln, aber nicht Silbergeld in anderes Silbergeld (und umso weniger Silbergeld in Kupfergeld). Den Grund davon s. in Note 74. Bet-Hillel aber sagen: Er kann für einen Schekel69 Ein Schekel = ½ Sela‘. Silber und für einen Schekel Kupfergeld geben.70 Wenn er einen halben Sela‘ Kupfergeld umwechseln will, darf er noch einen halben Sela‘ in Silber dazu geben, um einen ganzen Silber-Sela‘ zu erhalten. R. Meïr sagt: Man darf nicht Silber und Früchte (zusammen) durch (anderes) Silber auslösen.71 Obwohl man nach Bet-Hillel Silber- und Kupfergeld zusammen in anderes Silbergeld umwechseln darf, so dürfen etwa ein Schekel Silber und für einen Schekel Früchte zusammen nicht in einen Sela‘ umgewechselt werden. Die Weisen aber erlauben dies.72 Ebenso wie mit Kupfergeld darf man mit Früchten kleinere Silbermünzen verbinden, um alles zusammen in eine größere Silbermünze umzuwechseln. — Diese 9. Mischna fehlt übrigens im Münchener Mscr. (vgl. Rabbinowitz ד״ס), und wie es scheint mit Recht, da hier nur solche Fälle aufgeführt werden, in denen Schammai selbst mit Bet-Schammai kontroversiert, vgl. aber weiter Note 82. —
הַפּוֹרֵט סֶלַע שֶׁל מַעֲשֵׂר שֵׁנִי בִּירוּשָׁלַיִם, בֵּית שַׁמַּאי אוֹמְרִים, בְּכָל הַסֶּלַע מָעוֹת, וּבֵית הִלֵּל אוֹמְרִים, בְּשֶׁקֶל כֶּסֶף וּבְשֶׁקֶל מָעוֹת. הַדָּנִים לִפְנֵי חֲכָמִים אוֹמְרִים, בִּשְׁלֹשָׁה דִינָרִים כֶּסֶף וּבְדִינָר מָעוֹת. רַבִּי עֲקִיבָא אוֹמֵר, בִּשְׁלֹשָׁה דִינָרִים כֶּסֶף וּבִרְבִיעִית כֶּסֶף בִּרְבִיעִית מָעוֹת. וְרַבִּי טַרְפוֹן אוֹמֵר, אַרְבָּעָה אַסְפְּרֵי כָסֶף. שַׁמַּאי אוֹמֵר, יַנִּיחֶנָּה בַחֲנוּת וְיֹאכַל כְּנֶגְדָּהּ: Wenn Jemand einen Sela‘ vom zweiten Zehnt in Jerusalem73 In Jerusalem war es gestattet, das Silbergeld vom zweiten Zehnt in Kupfermünzen umzuwechseln, die man nach und nach für Lebensmittel auszugeben hatte. umwechseln will, so sagen Bet-Schammai: Er muss für den ganzen Sela‘ Kupfergeld nehmen.74 Man darf aber nicht einen Teil davon in Silbergeld nehmen, weil man Silbergeld in anderes Silbergeld auch in Jerusalem nicht umwechseln darf, selbst in dem Falle, wo man für einen Sela‘ einen Teil in Kupfer und einen Teil in Silber nehmen will. Der Grund dieser Vorschrift mag vielleicht darin liegen, dass immer beim Wechseln eine Kleinigkeit als Wechslergeld abgezogen wurde. Man sollte daher den Sela‘ auf einmal in die zum Kaufen von Lebensmitteln nötigen Kupfermünzen umwechseln, denn sonst müsste man später, wenn man die etwa erhaltenen Denare wieder umwechselt, nochmals Wechslergeld sich abziehen lassen, wodurch der heilige zweite Zehnt Schaden leiden würde. Aus demselben Grunde musste überhaupt alles unnötige Wechseln vermieden werden. Bet-Hillel aber sagen: Er kann einen Schekel69 Ein Schekel = ½ Sela‘. Silber und für einen Schekel Kupfergeld nehmen.75 Um Kupfergeld zum Einkauf von Genussmitteln zu erhalten, darf man auch die Hälfte in Silber nehmen. Die vor den Weisen Richtenden76 Die Jünger, die vor dem Synedrion auf der Erde saßen, aus deren Mitte sich das Synedrion nötigenfalls kooptierte (Sanhedrin IV, 4). Nach dem Talmud (Sanh. 17 b) sind unter diesem Ausdrucke stets bestimmte Tannaïm (Simon b. Assai, Simon b. Soma u. A.) gemeint. sagen: Drei Denar Silber und für Einen Denar Kupfergeld.77 Es genügt also ¼ Sela‘ in Kupfergeld zu nehmen. R. Akiba sagt: Drei Denar Silber, und vom vierten ein Viertel in Kupfergeld .78 Also ¹⁄₁₆ in Kupfer; so nach den meisten Erkl.; nach ראב״ר: „vom vierten die Hälfte (also ⅛ Sela‘) in Kupfer“. R. Tarphon sagt: Vier Aspern79 Eine sonst nicht vorkommende Silbermünze. Im Mittelalter hieß eine Silbermünze asprum (Weißpfennig, vom neugr. ἄσπρος, weiß), die den Wert von 30—40 Pfennig hatte. Silber80 Nach Bart. betrug ein Denar 5 Aspern, 1 Sela‘ also = 20 Aspern. Nach R. Tarphon konnte man nun 3 Denar und vom vierten Denar 4 Aspern in Silber nehmen. Das Kupfergeld braucht nur ein Asper, also ¹⁄₂₀ Sela‘ zu sein. Übrigens scheinen alle hier nach Bet-Hillel genannten Tannaïm nur jeder eine andere Version der Meinung von Bet-Hillel zu geben, vgl. oben Note 64. Schammai sagt: Man soll ihn81 Den Sela. in einen Laden niederlegen und ihn (nach und nach) aufzehren.82 Man soll ihn nicht wechseln, da man dadurch leicht aus Versehen das Geld für profan (חולין) halten könnte. — Nach R. Elia Wilna (im שנות אליהו) darf nach Schammai der zweite Zehnt überhaupt nur einmal durch Geld ausgelöst werden; dieses Geld darf aber nicht weiter umgewechselt, sondern muss nach Jerusalem geführt und dort aufgezehrt werden. Schammai kontroversiert demnach auch gegen Bet-Schammai in Mischna 9, weshalb diese letztere Mischna hier gebracht wird.
כִּסֵּא שֶׁל כַּלָּה שֶׁנִּטְּלוּ חִפּוּיָיו, בֵּית שַׁמַּאי מְטַמְּאִין, וּבֵית הִלֵּל מְטַהֲרִין. שַׁמַּאי אוֹמֵר, אַף מַלְבֵּן שֶׁל כִּסֵּא טָמֵא. כִּסֵּא שֶׁקְּבָעוֹ בַעֲרֵבָה, בֵּית שַׁמַּאי מְטַמְּאִין, וּבֵית הִלֵּל מְטַהֲרִין. שַׁמַּאי אוֹמֵר, אַף הֶעָשׂוּי בָּהּ: Den83 Vgl. diese M. in Kelim XXII,4. Sessel83a Jeder Sessel hatte nach Kelim XXII folgende wesentliche Bestandteile: a) das Untergestell, bestehend aus 4 Füßen, die an ihrem obern Ende durch 4 Leisten so mit einander verbunden waren, dass die Leisten ein Oblongum bildeten, das einer Ziegelform ähnlich war, weshalb das ganze Untergestell מלבן (Ziegelform) genannt wurde, b) Der Sitz, gewöhnlich aus 3 Brettchen bestehend und daher (in der Mehrz.) חפויים (Decken) genannt. Die drei Sitzbrettchen waren gewöhnlich länger und breiter als das Gestell, so dass sie an demselben von allen Seiten hervorragten; mitunter aber waren sie nur ebenso groß, wie der מלבן (אין חפויו יוצאין, Kelim XXII, 5). einer Braut,84 Bei dem Sessel einer Braut hatte die Ziegelform mitunter einen Boden, so dass, wenn der Sitz abgenommen wurde, dem מלבן noch ein leeres Behältnis (בית קבול, Kelim XXII, 7) verblieb, in das man Gegenstände hineinlegen konnte. dessen Sitz weggenommen ist, erklären Bet-Schammai für verunreinigungsfähig;85 Er kann als Sitz (מדרס) unrein werden (nach Lev. 15, 4 u. 20), weil es vor der Wegnahme des Sitzes מדרס war und man im Notfalle auch jetzt auf dem Gestell (מלבן) sitzen kann. Bet Hillel aber erklären ihn für rein.86 Selbst wenn das Gestell durch Umlegen zum Sitzen gebraucht werden könnte (nach Kelim XXII, 5), ist es doch nicht verunreinigungsfähig, da dies kein passender Sitz für eine Braut wäre. Aber auch wenn ein Behältnis zurückblieb (Note 84), kann es nach R. Jehuda nicht unrein werden, denn die Hauptbestimmung des Sessels ist, zum Sitzen zu dienen; als Behältnis dient er nur nebenbei (Kelim XXII, 7). Schammai sagt: Auch das Untergestell eines Stuhles87 Das vom Handwerker gebracht wurde und niemals mit einem Sitze verbunden war (Tosephta Kelim B. batra I, 12). ist verunreinigungsfähig.88 Während nach Bet-Schammai nur das מלבן, das vom fertigen Stuhl übrig geblieben, nachdem der Sitz weggenommen ist, als verunreinigungsfähig gilt. Einen Stuhl, den man in einen Backtrog89 עריבה, (syr. ܥܳܪܒܳܐ) Backtrog, Mulde. Es gab deren sehr große, vgl. Kelim XXIV, 3. eingesetzt hat,89a Um die zum Kneten nötigen Gegenstände darauf zu legen. erklären Bet-Schammai für verunreinigungsfähig;90 Als מדרס (Note 85); denn da der Stuhl vorher מדרס war, so kann er durch dessen Einsetzung in den Backtrog nicht dem Backtrog gleich werden. Bet-Hillel aber erklären ihn für rein.91 Er kann nicht als מדרס unrein werden; denn er ist jetzt dem Backtrog gleich, der, weil zu einem andern Gebrauche bestimmt, nicht als מדרס unrein werden kann. Schammai sagt: Auch der am Backtrog selbst angebrachte (Stuhl ist verunreinigungsfähig).92 Während nach Bet-Schammai nur der Stuhl מדרס werden kann, der vorher als Sitz gedient hat (vgl. Note 88).
אֵלּוּ דְבָרִים שֶׁחָזְרוּ בֵית הִלֵּל לְהוֹרוֹת כְּדִבְרֵי בֵית שַׁמָּאי. הָאִשָּׁה שֶׁבָּאָה מִמְּדִינַת הַיָּם וְאָמְרָה מֵת בַּעְלִי, תִּנָּשֵׂא. מֵת בַּעְלִי, תִּתְיַבֵּם. וּבֵית הִלֵּל אוֹמְרִים, לֹא שָׁמַעְנוּ אֶלָּא בְּבָאָה מִן הַקָּצִיר בִּלְבָד. אָמְרוּ לָהֶם בֵּית שַׁמַּאי, אַחַת הַבָּאָה מִן הַקָּצִיר וְאַחַת הַבָּאָה מִן הַזֵּיתִים וְאַחַת הַבָּאָה מִמְּדִינַת הַיָּם, לֹא דִבְּרוּ בַקָּצִיר אֶלָּא בַהֹוֶה. חָזְרוּ בֵית הִלֵּל לְהוֹרוֹת כְּבֵית שַׁמָּאי. בֵּית שַׁמַּאי אוֹמְרִים, תִּנָּשֵׂא וְתִטֹּל כְּתֻבָּתָהּ. וּבֵית הִלֵּל אוֹמְרִים, תִּנָּשֵׂא וְלֹא תִטֹּל כְּתֻבָּתָהּ. אָמְרוּ לָהֶם בֵּית שַׁמַּאי, הִתַּרְתֶּם אֶת הָעֶרְוָה הַחֲמוּרָה, לֹא תַתִּירוּ אֶת הַמָּמוֹן הַקָּל. אָמְרוּ לָהֶם בֵּית הִלֵּל, מָצִינוּ שֶׁאֵין הָאַחִים נִכְנָסִין לַנַּחֲלָה עַל פִּיהָ. אָמְרוּ לָהֶם בֵּית שַׁמַּאי, וַהֲלֹא מִסֵּפֶר כְּתֻבָּתָהּ נִלְמֹד, שֶׁהוּא כוֹתֵב לָהּ, שֶׁאִם תִּנָּשְׂאִי לְאַחֵר, תִּטְּלִי מַה שֶּׁכָּתוּב לִיךְ. חָזְרוּ בֵית הִלֵּל לְהוֹרוֹת כְּדִבְרֵי בֵית שַׁמָּאי: In folgenden Dingen haben Bet-Hillel ihre Ansicht widerrufen, um wie Bet-Schammai zu entscheiden:92a Einige Codd. lesen להודות (zuzugestehen) statt להורות. Wenn93 Vgl. Jebamot XV, 2—3. eine Frau aus fernem Lande94 Eig. Land des Meeres, überseeisches Land. kommt und sagt: „mein Mann ist gestorben“, so darf sie wieder heiraten; (ebenso wenn sie sagt:) „mein Mann ist (ohne Nachkommen zu hinterlassen) gestorben“, so darf sie in die Leviratsehe treten.95 Deut. 25, 5. Dies die Worte von Bet-Schammai. Bet-Hillel aber sagen: Wir haben (diese Lehre) nur gehört für den Fall, dass sie von der Ernte kommt.96 Wie sich dies einmal zugetragen hat, dass eine Frau von der Ernte kam und erzählte, dass ihr Mann durch einen Schlangenbiss gestorben sei; man untersuchte darauf und fand ihre Aussage wahr. Daher ist stets nur in solchem Falle die Aussage der Frau für glaubhaft zu halten, da während der Ernte Viele von der Hitze und von Schlangenbissen getötet werden. Da sagten Bet-Schammai zu ihnen: Es ist einerlei, ob sie von der Ernte, von der Olivenlese oder aus fernem Lande kommt; man sagte nur deshalb: „von der Ernte“, weil der Fall sich so zutrug.97 Vgl. Erubin I, Note 35; anders in B. kama V, Ende u. sonst. Darauf haben Bet-Hillel wieder wie Bet-Schammai entschieden. — Bet-Schammai sagen: Diese Frau98 Die den Tod ihres Mannes bezeugt. kann heiraten und erhält ihre Ketuba.99 Ketubot IV, 7. Bet-Hillel aber sagen: Sie kann heiraten, aber ihre Ketuba erhält sie nicht. Da sagten Bet-Schammai zu ihnen: Ihr erlaubet Betreffs des schweren Eheverbots,100 Da, wenn ihr Mann noch lebte, ihre Heirat bei Todesstrafe verboten wäre. und gestattet nicht die leichtere Geldsache! Da sagten Bet-Hillel zu ihnen: Wir finden, dass die Brüder101 Die Kinder des angeblich Verstorbenen. auf ihre101a Der Frau. bloße Aussage hin nicht die Erbschaft antreten können.102 Denn nur durch die Aussage zweier Zeugen darf eine Entscheidung getroffen werden; bloß zu heiraten hat man ihr auf ihre Aussage hin erlaubt, damit sie nicht als durch die Ehe Gebundene (עגונה) ewig vereinsamt bleibe. Da sagten Bet-Schammai zu ihnen: Wir können es ja aus ihrer Ketuba-Urkunde103 Aus der Formel, welche man für die Ketuba-Urkunde angeordnet hat. lernen; denn er verschreibt ihr: „Falls du einen Anderen heiratest, empfängst du, was dir verschrieben ist“.104 Da sie nun einen Andern heiraten darf, so erhält sie auch ihre Ketuba. Darauf haben Bet-Hillel wieder wie Bet-Schammai entschieden.
מִי שֶׁחֶצְיוֹ עֶבֶד וְחֶצְיוֹ בֶּן חוֹרִין, עוֹבֵד אֶת רַבּוֹ יוֹם אֶחָד וְאֶת עַצְמוֹ יוֹם אֶחָד, דִּבְרֵי בֵית הִלֵּל. אָמְרוּ לָהֶם בֵּית שַׁמַּאי, תִּקַּנְתֶּם אֶת רַבּוֹ, וְאֶת עַצְמוֹ לֹא תִקַּנְתֶּם. לִשָּׂא שִׁפְחָה, אֵינוֹ יָכוֹל. בַּת חוֹרִין, אֵינוֹ יָכוֹל. לִבָּטֵל, וַהֲלֹא לֹא נִבְרָא הָעוֹלָם אֶלָּא לִפְרִיָּה וּרְבִיָּה, שֶׁנֶּאֱמַר (ישעיה מה), לֹא תֹהוּ בְרָאָהּ לָשֶׁבֶת יְצָרָהּ. אֶלָּא, מִפְּנֵי תִקּוּן הָעוֹלָם, כּוֹפִין אֶת רַבּוֹ וְעוֹשֶׂה אוֹתוֹ בֶן חוֹרִין וְכוֹתֵב שְׁטָר עַל חֲצִי דָמָיו. חָזְרוּ בֵית הִלֵּל לְהוֹרוֹת כְּבֵית שַׁמָּאי: Wer105 Gittin IV, 5. halb Sklave und halb Freier ist,106 Wenn z. B. dem Herrn das halbe Lösegeld für ihn gegeben wurde. soll Einen Tag für seinen Herrn und Einen Tag für sich selbst arbeiten. So nach Bet-Hillel. Da sagten Bet-Schammai zu ihnen: Ihr habt für seinen Herrn gesorgt, aber für ihn selbst habt ihr nicht gesorgt; er kann weder eine Sklavin107 Weil er halb frei ist und ein Freier keine Sklavin heiraten darf. noch eine Freie108 Weil er halb Sklave ist und ein Sklave keine Freie heiraten darf. heiraten. Soll er ledig bleiben?109 st. ליבטל lies: יבטל, wie in Gittin. Die Welt ist ja nur zur Fortpflanzung geschaffen worden, wie es heißt (Jes. 45, 18): „Nicht zur Wüste schuf er sie, sondern zum Bewohnen bildete er sie!“ Vielmehr zwingt man des allgemeinen Wohles110 תקון העולם die Ordnung, das Heil der Welt, das allgemeine Wohl. wegen seinen Herrn, ihn gänzlich frei zu lassen, und er110a Der Sklave. schreibt ihm einen Schuldschein auf die Hälfte seines Wertes. Darauf haben Bet-Hillel wieder wie Bet-Schammai entschieden.
כְּלִי חֶרֶס מַצִּיל עַל הַכֹּל, כְּדִבְרֵי בֵית הִלֵּל. וּבֵית שַׁמַּאי אוֹמְרִים, אֵינוֹ מַצִּיל אֶלָּא עַל הָאֳכָלִין וְעַל הַמַּשְׁקִין וְעַל כְּלֵי חָרֶס. אָמְרוּ לָהֶם בֵּית הִלֵּל, מִפְּנֵי מָה. אָמְרוּ לָהֶם בֵּית שַׁמַּאי, מִפְּנֵי שֶׁהוּא טָמֵא עַל גַּב עַם הָאָרֶץ, וְאֵין כְּלִי טָמֵא חוֹצֵץ. אָמְרוּ לָהֶם בֵּית הִלֵּל, וַהֲלֹא טִהַרְתֶּם אֳכָלִים וּמַשְׁקִין שֶׁבְּתוֹכוֹ. אָמְרוּ לָהֶם בֵּית שַׁמַּאי, כְּשֶׁטִּהַרְנוּ אֳכָלִים וּמַשְׁקִין שֶׁבְּתוֹכוֹ, לְעַצְמוֹ טִהַרְנוּ. אֲבָל כְּשֶׁטִּהַרְתָּ אֶת הַכְּלִי, טִהַרְתָּ לְךָ וָלוֹ. חָזְרוּ בֵית הִלֵּל לְהוֹרוֹת כְּדִבְרֵי בֵית שַׁמָּאי: Ein irdenes Gerät kann111 Im Zelte eines Toten. Alles112 Sowohl Speisen und Getränke, als Menschen und Geräte. (vor Verunreinigung) bewahren;113 Wenn ein Toter in einem Zimmer liegt, aus dem eine Luke nach einem Obergemach geht, so kann man durch ein irdenes Gerät, dessen Rückseite dem Toten-Zimmer zugewendet wird, die Luke verschließen (vgl. Sabbat XXIV, Note 25) und dadurch Alles, was im Obergemache sich befindet, vor Verunreinigung durch den Toten bewahren (Oholot V, 3—4.) Ebenso kann ein im Totenzelte befindliches mit fest anschließendem Deckel versehenes irdenes Gefäß alles von ihm Eingeschlossene (nach Num. 19, 15) vor Unreinheit bewahren (Kelim IX, 2). so nach Bet-Hillel. Bet-Schammai aber sagen: Es bewahrt nur Speisen, Getränke und irdene Geräte.114 Aber nicht andere Geräte oder Menschen. Da sagten Bet-Hillel zu ihnen: Weswegen? Da sagten Bet-Schammai zu ihnen: Weil es beim Am-ha-Arez115 עם הארץ Einer vom gemeinen Volke, der nicht gesetzkundig ist und auch die Reinheitsvorschriften nicht genau beobachtet. Näheres s. Chagiga II, 7. als unrein zu betrachten ist116 Da Alles, was beim Am-ha-Arez sich befindet, vom Chaber (dem Gesetzeskundigen) für unrein betrachtet werden muss. und ein unreines Gerät nicht als Scheidendes117 Vor Verunreinigung im Zelte Bewahrendes. dienen kann.118 Bei Am-ha-Arez könnten demnach gar keine Gegenstände durch sein (weil unreines) irdenes Gerät vor Verunreinigung im Totenzelte bewahrt werden. Da sagten Bet-Hillel zu ihnen: Ihr habt doch die darin befindlichen Speisen und Getränke für rein erklärt! Da sagten Bet-Schammai zu ihnen: Wenn wir die darin befindlichen Speisen und Getränke für rein erklärt haben, so haben wir sie nur für ihn selbst119 Für den Am-ha-Arez. für rein erklärt;120 Da ein Chaber diese, sowie irdene Geräte, nicht vom Am-ha-Arez entlehnt; denn er betrachtet sie als unrein, und diese können nicht durch ein Tauchbad (טבילה) gereinigt werden. aber wenn du das Gerät121 Alle nichtirdenen Geräte, die, weil sie durch Untertauchen in ein Tauchbad gereinigt werden können, בלי שטף (abspülbare Geräte) genannt werden. für rein erklärtest, da würdest du es für dich122 Da der Chaber solche Geräte vom Am-ha-Arez entlehnt (ebenso den Am-ha-Arez selbst als Tagelöhner nimmt) und in der Meinung, sie seien nur in gewöhnlicher Weise durch den Am-ha-Arez verunreinigt, sich damit begnügt, sie durch Untertauchen (טבילה) zu reinigen, während sie Tatsächlich durch einen Toten verunreinigt sind und der in Num. 19, 18 f. vorgeschriebenen sieben Tage in Anspruch nehmenden Reinigung mit der Asche der roten Kuh bedürfen. und für ihn für rein erklären.123 Man hat deshalb allgemein angeordnet, dass Menschen und nichtirdene Geräte nicht durch ein irdenes Gerät im Totenzelte vor Verunreinigung bewahrt werden können. Denn hätte man dies nur für den Am-ha-Arez und nicht auch für den Chaber angeordnet, so würden die Amme-ha-Arez diese Anordnung nicht beachtet haben. Darauf haben Bet-Hillel wieder wie Bet-Schammai entschieden.124 Nach der Tosephta geschah dies zur Zeit des R. Josua, der durch eine Disputation mit einem Schammaïten von der Richtigkeit der Ansicht der Bet-Schammai überzeugt wurde.